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Räson

Es würde keinen Gewinn für mein Thema bringen, wenn ich den verehrten Leser mit detaillierten Quellen- und Datenangaben öden würde. Außerdem gibt es Google.

Worum geht’s?

Es geht um den laschen Umgang mit historischen Tatsachen.

Nun ist das mit historischen Tatsachen so eine Sache. Je weiter man in der Zeit zurückgeht, desto mehr kommt dem Historiker die Biologie in die Quere. Und da sich die geschichtlichen Eckpunkte nun einmal in der Mehrzahl in Schlachten und Kriegen manifestieren, und nach solchen für die Verlierer zunächst eine Zeit des Entsetzens und des „Wundenleckens“ einsetzt, die andere Hälfte der Beteiligten aber meinen, Grund zur Freude und des Stolzes im Übermaß zu besitzen, besteht immer die Gefahr der Siegerhistorie.

Das ist nur natürlich und liegt in der Sache der Dinge. Irgendwann muss – um die Phrase zu benutzen – der Sieger dem Besiegten „über die Gräber“ die Hände reichen, auf dass einstens wieder Friede, begleitet von Freude und Eierkuchen die Völker versöhnt. Angesichts des Holocaustes, an dem es nichts zu relativieren gibt, funktioniert diese alte Routine der Zeit aber nicht.

Zwei Gründe sind dafür ausschlaggebend: Das einzige, was im Namen unseres Volkes in den letzten 80 Jahren vollbracht wurde und das uns von allen anderen Völkern unterscheidet, eine Eigenschaft, auf die wir sonst großen Wert legen, ist das unbeschreibliche Entsetzen welches wir über die Völker dieser Welt gebracht haben. Im Grunde können nicht nur wir nicht damit fertig werden oder der Staat Israel, sondern alle, die Kunde davon erhalten.

Und zweitens, und das kann man nicht mit „Entsetzen“ beschreiben, ist, dass es sich mit einem „schuldigen“ Volk formidabel verhandeln lässt. Und dass das so gehandhabt wird, sieht man in den NET- oder Fernsehnachrichten. Man muss nur Eins und Eins zusammenzählen.

Aber es geht mir nicht um die Frage, ob meine Eltern wussten, dass es KZs gibt. Natürlich wussten sie das. Aber was da geschah, das wussten sie nicht. Ein streng nach dem damaligen Katholizismus erzogenes Kind konnte sich einfach nicht vorstellen, das „Deutsche Männer“ ihren Auftrag darin sahen, Frauen und Babys und alte Großväter mit Insektengift zu ermorden, und „Töten durch Arbeit“  überstieg auch Vollmond-Fantasien. Dazu kommt noch, dass es gegen die Naziteufel keine Gegenwehr gab.

Und so ist es zu verstehen, dass es über das Verbrechen des Bombenkrieges oder die Morde der tieffliegenden JaBos der Allierten an den Bauern und deren Kinder auf den Äckern und in den Städten, mit denen man die Rettungssanis und Feuerwehrleute hinderte, der Bevölkerung zu helfen. Und wir schweigen aus Staatsräson mit.

Aliierte Beobachter schätzten 1945 die Toten von Dresden auf etwa 350.000. Die Stadt war übervoll von Flüchtlingen, die nicht registriert waren. Heute lautet die offizielle Zahl „an die 25.000“. Erste Schätzung im Angesicht der verkohlten Menschen. Zweite Schätzung im Angesicht des wiederaufgebauten Elbflorenz, nachdem die Englische Bevölkerung tüchtig gespendet hatte.

Man könnte so ein Verhalten auch „Selbstverleugnung aus Dankbarkeit“ nennen.

Der Wissenschaftler, Historiker und Wissenschaftjournalist Dr. Illig hat minutiös und unwiderlegbar in mehreren Bücher nachgewiesen, dass Karl der Große eine Erfindung des Mittelalter war. Ich habe selbst mit einem habilitierten Historiker gesprochen, dem diese Tatsache nicht erst seit Illigs „Das erfundene Mittelalter“ bekannt war. Der aber gestand, den ollen Karl weiterhin als reale Figur präsentieren muss.

Warum? Die beiden Hauptnationen des Europäischen Kontinents, Frankreich und Deutschland, führen sich beide auf den Karl zurück. Deshalb darf man nicht an ihm rütteln.

Was ist das für eine Lehre?

In den 50er Jahren machte sich ein Historiker an die Arbeit, das Niebelungenlied zu entschlüsseln. Ihn störte an diesem Faszinosum die Ortsangabe „Wo Rhin und Dhun zusammenfließen.“ Als man dem Alten Fritz ein Exemplar original und in der Übersetzung vorlegte, fiel sein Blick beim Durchblättern auf diese Stelle. Rhein und Donau fließen nirgends zusammen (von Franz-Josef Straußens Flop des Jahrhunderts, dem ungenutzen Rhein-Main-Donau-Kanal, konnte er nichts ahnen) und also ist das alte Zeug „keinen Schuss Pulver wert!“

Der Historiker Kurt Ritter fand die Stelle: Bei Düsseldorf floss bis zur vorvorigen Jahrhundertwende die Dünn in den Rhein. Weil sie aus dem Bergischen Land kam und von dort Kieselsteine die Fülle mitbrachte, entstand gegenüber ihrer Mündung ständig eine Untiefe und Gefahr für die Schiffahrt. Sie wurde in die Düssel umgeleitet und kieselt dort munter weiter. An der alten Mündung überquerten aber clevererweise die Nibelungen den Fluss. In der schwedischen Handschrift „Membrane“ steht übrigens „Neflunge“. In der Eifel fließt der Neffelbach, dessen Anwohner nach damaliger Nomenklatur „Nefflunge“ geheißen haben. Ihr König hieß Gunter, auf eiflerisch „Junter“. Juntersdorf am Neffelbach lässt grüßen. Zugegeben, Dr. Kurt Ritter aus Schaumburg hatte auch eine lebendige Fantasie. Aber die schmälert keineswegs seine Forschungen, sie macht das Buch spannend. Ein wissenschaftliches Buch, dass man wie einen Abenteuerroman liest…

Vom ersten Tag des Erscheinens an, stand das Buch unter Ablehnung. Warum? Weil es das gesamte Urbild deutschen Heldentums und deutscher Treue als nordrhein-westfälisches Provinzdrama enttarnt. Oder der Beginn der linksliberalen Koalition in Bonn, der alles nationale Denken, Tun und Handeln mit einem Pfuiba! belegte?

Wie lehnt man aber ein wissenschaftliches Buch ab? Indem man seine Thesen widerlegt. Das ging hier nicht, also wählte man den unanständigen Weg: Man sprach nicht drüber. Es funktionierte. Historiker wissen nur das, was sie lernen. In den nachfolgenden Historiker-Generationen ist das Buch unbekannt.

Aus Räson verschwindet sogar Wissen…

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Von Friedhelm Möllmann

Friedhelm wurde im Februar 1950 in Gladbeck Zweckel geboren, zog im Alter von einem Monat nach Scholven um und wurde damit zum überzeugten Bueraner. Er ist bekennender Christ und wohl auch bekennender, weil kritischer Katholik. Schriftsetzer mit allen Gutenbergschen Würden. Gelernt hat er bei der damals besten “Bude” der Welt, K+B auf der Hagenstraße in Buer. Er ist ohne Probleme durch die Zwiespältigkeit der Jugend, hie DPSG, dort Rock’n'roll, gekommen. Er hat kein Abitur. Seit 1980 ist er verheiratet, mit mittlerweile zwei erwachsenen Nachfahren, nach 3 Herzinfarkten und einem Stammhirnapoplex ist er seit 2011 berentet und nicht mehr ganz fit – aber nur körperlich!! Er gehört keiner Partei an, wobei er den Unionsparteien, der FDP, den Piraten, den Grünen und den Linken ganz besonders nicht angehört. Nach IG Druck und Papier, nachmals IG Medien, jetzt bei IG ver.Di nur noch zum Rentnerbeitrag Mitglied. Friedhelm Möllmann verstarb im Oktober 2015.

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