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Viel wird derzeit über über die Reform der Bildung in unserem und den anderen Bundesländern gesprochen. Und, ach, nicht nur derzeit. Die Jahrgänge 1950 und unmittelbar folgende waren die letzten, die noch die Segnungen der alten „Volksschule“ erfahren haben.

Seit ungefähr 1964 bastelt NRW unverdrossen an einer Bildungsreform nach der anderen. Ausbaden müssen das diejenigen, die sich nicht wehren können und die, die das nicht dürfen. Die Schüler/Innen und die Lehr/Innen. Von beiden gibt es momentan zu wenig.

Sagen die einen.

Warum werden dann die Klassen nicht kleiner?

Sagen die Betroffenen.

Weil wir die Gelegenheit des Kindermangels beim Schopfe fassen müssen – wer weiß, wann sie wiederkommt – um Schulen zu schließen. „Dem Bedarf sinnvoll anzupassen“, nennt man in zynischer Weise diesen Vorgang. In Wahrheit haben Städte und Kreise kein Geld mehr, ihre Schulen in Schuss zu halten und genug Personal zu bezahlen. Und zwar als Beamte. Denn der Beruf des Lehrers ist einer der Schlüsselberufe eines Landes. Wie Exekutive und Judikative.

Wir sehen voll stolz auf die Wirtschaftszahlen der BRD, nennen uns eines der reichsten Länder der Welt, die Bürger haben Sparkonten, dagegen ist die Verschuldung des Staates ein Klacks. Als Land, „von dessen Boden nie wieder ein Krieg“ ausgehen sollte, ballern wir jedoch ziemlich forsch in der Weltgeschichte herum, „weil unsere Freiheit am Hindukusch verteidigt wird“. Dieser Satz des Herrn Struck, mit dem er endgültig bewies, dass er nur aussieht wie Bismarck, sollte in  Marmor gemeißelt an den Rathäusern der Städte der Republik weithin sichtbar angebracht werden. Denn das Geld, das diese „Verteidigung“ kostet, würde schon die Schulfinanzen gerade rücken.

Manchmal frage ich mich beim Betrachten der Aktivitäten mancher Politiker, auf wen sie Ihren Eid abgelegt haben. Auf dieses Land anscheinend nicht. Höchstens auf die Deutsche Bank, kann das sein?

Aber nichts von dem, was ich bisher in diesem Artikel geschrieben habe, ist unbekannt. Eher das Gegenteil davon.

Wie sieht es mit der Bildung derzeit als Momentaufnahme insgesamt in diesem Staate aus? Das lässt sich mit einem einfachen, bescheidenen Wort beantworten. Gewiss, es gibt andere, ehrlichere Worte für das Niveau, aber, wir wollen niemanden beleidigen. Beispiel: Unsere Deutsche Sprache. Sie ist sehr Ausdrucksstark, sehr plastisch, hat eine Bandbreite von „knallhart“ über „derb und rauh“ bis „zärtlich“ und sehr exakt. Würden wir uns darauf besinnen, kämen wir ohne Fremdwortmoden wie „Denglish“ aus.

Aber es ging ihr wie das Uhlandsche Schloss, welches er Sänger verfluchte:

  • Noch eine hohe Säule zeugt von verschwund’ner Pracht,
  • Auch diese, schon geborsten, kann stürzen über Nacht.
  • Und rings, statt duft’ger Gärten, ein ödes Heideland:
  • Kein Baum verstreuet Schatten, kein Quell durchdringt den Sand;
  • Des Königs Namen meldet kein Lied, kein Heldenbuch:
  • Versunken und vergessen! – das ist des Sängers Fluch.

Wobei der Fluch die völlig überflüssige, des Namens „Reform“ nicht verdienende und die Sprache auf Basisdeutsch reduzierende sogenannte Rechtschreibreform. Ich habe, haben Sie’s gemerkt?, oben „rauh“ mit „h“ geschrieben. Dass ist kein Rechtschreibfehler, denn der Duden eiert sich so durch mit „landschaftlich auch verwendet“. Und die „Rauhen Nächte“ sind eben „Rauh“. und eine Feile ist ein Stück „aufgerauhtes“ Eisen. Basta. Aber der Duden erlaubt solche, nicht einmal mit Dialekt zu rechtfertigende Schoten wie „Das Mädchen und ihre Mutter“. Ein grammatikalischer Geschlechterwechsel in fünf Worten! Einzigartig in den Sprachen der Welt. Ein Fehler ist aber „Fussball“, weil nach des Duden Vorschrift und langsam gesprochenes „?“ bestehen bleibt. Leute, die an der Klippe der Legasthenie stehen, haben für sich das „?“ abgeschaft. Das ist über die Massen lustig. Die Umlaute wünschen manche Zeitgenossen auch auf den Müll. Das sind die, die statt „Flugzeug“, eine geniale Wortschöpfung Otto Lilienthals, „Flieger“ sagen und Telefon statt „Tel.“ mit „Phone“ oder noch schräger „Fon“ abkürzen.

Nur, was an der eigenen Kultur schlecht ist, warum man sich mit der korrekten Schreibweise schämen muss, das wissen sie nicht. Das passt nicht zu dem polyglotten habitus, in dem sie sich gern sehen.

Da hat mal ein Germanist von Weltruf, der Heinz Ritter-Schaumburg, seine Hausaufgaben gemacht. Das Ergebnis dieses Bemühens ist für jedermann in dem Buch: „Die Nibelungen zogen nordwärts.“ nachzulesen. Das Lied, in Mittelhochdeutscher Sprache verfasst, ist eines der ältesten Sprachzeugnisse deutscher Kultur.

Sein berühmter Anfang

  • „Uns ist in alten Mären wonders viel geseiht
  • von Helden lobebaren von grosser Chünheit.
  • Von Froiden hochgezeiten von weinen und von klagen.“

lässt zweifelsfrei schließen, dass das um 1200 in Passau niedergeschriebene Gedicht nicht das Original ist.

Diese „alten Mären“ und die Tatsache, dass im Nibelungenlied die Donau, sie heißt hier „Dünn“, in den Rhein fließt, weswegen man das ganze Werk für einen mittelalterlichen Abenteuerroman in Versform hielt. Denn die Donau fließt nicht in den Rhein. Oder doch? Der Gemanist, alles andere als ein Forscher in seinem Turmkämmerchen, nahm „Witterung“ auf. Die Donau wurde in zeitgenössischen Werken „Duna“ oder „Dunab“, aber nicht „Dünn“ genannt. Die „Dünn“ mündete jedoch bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts bei Düsseldorf in den Rhein. Sie transportierte aus dem Sauer- und Bergischen Land zu viel Geröll mit, so dass es immer zu Untiefen gegenüber der Mündung kam. Erster Punkt für Herrn Ritter.

Dann machte er sich auf die Suche nach den „alten Mären“. Er fand sie in der schwedischen „Membrane“ genannten Handschrift über die Abenteuer des Königs „Thidrek op Bern“ Es waren zweifelsfrei die „Alten Mären“. Sie begannen mit dem Hinweis, das Kaufleute aus Bremen und Münster diese Geschichten schon vor langer Zeit in ihren Handelsniederlassungen erzählt haben.

Die Nibelungen heißen dort an einer Stelle „Nifelunge“ sonst „Neffelunge“. Die Namen ihres Königshauses haben wir in der Volksschule gelernt. „Gunter, Gernot, Giselher, der Knabe, ein eigenartiger Cousin trieb sich noch am Hofe herum, Hagen von Tronje. Sie hatten eine Schwester, die Kriemhild. Die heiratete einen Wanderritter (einen Lucky Luke) aus Xanten am Niederrhein, den Jungherrn Siegfried.

Und jetzt in groben Zügen: In der Eifel gibt’s den Neffelbach, in dessen Landen die Neffelunge wohnten. Gunters gedenkt man noch heute in dem Dorf „Juntersdorf“, Gernot, an manchen Stellen auch Gerol genannt, begegnet uns beim Tafelwasser und so weiter. Die Villa Susat aus dem Nibelungenlied kann nur die Stadt Soest gewesen sein, die Burg des Grafen Roedinger stand dort, wo heute der Altenberger Dom steht.

Mit „Babylon“ bezeichneten zeitgenössische Schriftsteller Köln, mit „Bern“ und “Verona“ Bonn. Die Burg Thorta war übrigens Dortmund. Und nichts davon ist spekulativ, das heißt, Geschichte ist ja immer spekulativ, kein Lebender war dabei. Aber alles ist gründlichst recherchiert und nachzuprüfen. Ich habe es übrigens mal mit dem Motorrad gemacht und war verblüfft.

Und dann kommen wir wieder zur Bildung zurück. Eine Zeitlang seines Wissenschaftlerlebens war Ritter-Schaumburg ein Waldorfschulen-Lehrer. Das machte ihn irgendwie suspekt. Erst fand sein Werk hohe Anerkennung, es ging nicht anders, die Fakten waren eindeutig. Dann regten sich die Fremdenverkehrvereine von Regensburg, Worms und Passau, weil sie in den alten Mären nicht erwähnt wurden.

Dann taten die Wissenschaftler ihrem Kollegen das an, was ich für wirklich schlimm halte: Sie schwiegen ihn tot.

Und so dreht das ZDF mit Riesenaufwand eine Dokumentation, die schon seit Jahren regelmäßig wiederholt wird und den Zug der Nibelungen von Worms bis Ungarn nachzeichnet. In keinem Schulbuch findet man einen Hinweis auf Ritter-Schaumburg.

  • Ich kann euch nicht bescheiden   was seit her geschah
    Als dass man Fraun und Ritter   immer weinen sah,
    Dazu die edeln Knechte,   um lieber Freunde Tod.
    Hie hat die Mär ein Ende:   Das ist der Nibelungen Not
  • Ich sag euch nun nicht weiter  von der großen Noth:
  • Die da erschlagen waren,  die laßt liegen todt.
  • Wie es im Heunenlande  dem Volk hernach gerieth,
  • Hie hat die Mär ein Ende: das ist das Nibelungenlied.

 

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Von Friedhelm Möllmann

Friedhelm wurde im Februar 1950 in Gladbeck Zweckel geboren, zog im Alter von einem Monat nach Scholven um und wurde damit zum überzeugten Bueraner. Er ist bekennender Christ und wohl auch bekennender, weil kritischer Katholik. Schriftsetzer mit allen Gutenbergschen Würden. Gelernt hat er bei der damals besten “Bude” der Welt, K+B auf der Hagenstraße in Buer. Er ist ohne Probleme durch die Zwiespältigkeit der Jugend, hie DPSG, dort Rock’n'roll, gekommen. Er hat kein Abitur. Seit 1980 ist er verheiratet, mit mittlerweile zwei erwachsenen Nachfahren, nach 3 Herzinfarkten und einem Stammhirnapoplex ist er seit 2011 berentet und nicht mehr ganz fit – aber nur körperlich!! Er gehört keiner Partei an, wobei er den Unionsparteien, der FDP, den Piraten, den Grünen und den Linken ganz besonders nicht angehört. Nach IG Druck und Papier, nachmals IG Medien, jetzt bei IG ver.Di nur noch zum Rentnerbeitrag Mitglied. Friedhelm Möllmann verstarb im Oktober 2015.

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