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Die einen feiern ihren Triumph – und stehen doch in gewisser Weise ratlos da. Der CDU/CSU fehlt der willfährige Mehrheitsbeschaffer für ihre Kanzlerin. Und die CSU hat die Möglichkeit, die größere Schwesterpartei in Geiselhaft zu nehmen.

Die SPD hat stimmenmäßig zugelegt (gegenüber dem letzten desaströsen Wahlergebnis) – aber das nützt nichts, denn der „Erfolg“ war eher bescheidener Art und ihr Wunschpartner hat abgespeckt. Eine rot-grüne Mehrheit ist nicht in Sichtweite, auch nicht eine rot-rot-grüne für eine Kanzlerschaft.

 

Die Grünen lecken ihre Wunden und tauschen Köpfe aus- vielleicht die Vorbereitung dafür, sich doch bei Frau Merkel ins Bett zu legen.

 

Das Karussell der Spekulationen dreht sich. Wer springt auf und fährt mit? In all dem Gedröhne darüber, wer mit wem und warum nicht oder unter welchen Voraussetzungen tritt ein Aspekt völlig in den Hintergrund, nämlich die Bedeutung des Parlaments selbst.

 

In der Konstruktion unseres politischen Systems ist das Parlament die Legislative, die Gesetz gebende Gewalt. Unser Kanzler(unsere Kanzlerin) ist vom Grundsatz her nicht mit so viel Machtfülle ausgestattet wie etwa der amerikanische oder der französische Präsident. Warum gerät das aber nicht auf den Schirm?

Das ist einfach zu erklären: deshalb nicht, weil das Parlament, bedingt durch die Koalitionsregierungen sowie das strukturelle Gewicht der Regierung, seine eigentliche Aufgabe immer mehr vernachlässigt hat, nämlich die Einbringung von Gesetzesvorlagen, die die Regierung, bei entsprechenden Mehrheiten auszuführen hat (Exekutive).

 

In den letzten Amtsperioden hat sich der Trend verstärkt, dass Gesetze von der Regierung eingebracht werden und das Parlament bzw. die Regierungsfraktionen diese abgenickt haben. Nun aber bestünde die Möglichkeit, diese dem Geist der Verfassung (Gewaltenteilung) nicht entsprechende Tendenz umzukehren, sich also auf die eigentliche Kraft und Aufgabe des Parlaments zu besinnen.

 

Jenseits einer Koalition gibt es zwischen SPD, Linken und Grünen in zahlreichen Fragen, besonders solchen, die die soziale Ausgestaltung unseres Gemeinwesens , aber auch die ökologische Erneuerung, die finanzielle Ausstattung der Kommunen und etwa den Bereich von Bildung und Ausbildung betreffen, Schnittmengen, die Kompromisse ermöglichen, um gemeinsame Gesetzesinitiativen zu ergreifen.

 

Es sollte doch möglich sein, eine Gesetzesinitiative zum Mindestlohn einzubringen, denn zwischen den 8,50 Euro der Grünen und den 10 Euro der Linken liegen nur 1,50 Euro. Sollte an diesen 1,50 Euro die Einbringung eines entsprechenden Gesetzes und dessen Verabschiedung mit den Stimmen von SPD, Grünen und Linken scheitern? Und noch dazu vor dem Hintergrund einer rot-rot-grünen Mehrheit im Bundesrat.

Wenn immer wieder von einer strukturellen Mehrheit links von der CDU geredet wird, dann kann man sie doch nutzen. Dann soll doch bitte schön Frau Merkel, mit dem Horst aus Bayern auf dem Schoß, dieses Land als Kanzlerin einer Minderheitsregierung führen- aber das ausführen (Exekutive), was die Mehrheit des Parlaments beschließt.

 

Das taktische Ziel – auch wenn bereits jetzt der Ruf nach Neuwahlen vereinzelt durch den Blätterwald rauscht – kann nur eine Wahl in 2017 oder knapp davor sein. Dann haben sich alle Parteien neu sortiert (Köpfe und Ausrichtung). Der Stern von Frau Merkel wird verglüht sein. Und dann muss, anders wird es nicht gehen, Hannelore Kraft als Frontfrau der SPD ran.

 

Und dann besteht die Möglichkeit, die jetzt schon vorhandene „linke“ parlamentarische Mehrheit in eine Regierungsmehrheit umzusetzen.

 

Das wird prima –hat nur einen Nachteil: Baranowski muss als Nachfolger von Kraft nach Düsseldorf (Landeschef), folglich muss ein neuer OB für Gelsenkirchen her. Wer soll das machen? Ich stehe jedenfalls nicht zur Verfügung!

 

Zur Erläuterung: 30 Tage nach der Bundestagswahl muss das neu gewählte Parlament zur konstituierenden Sitzung zusammentreten(Grundgesetzt 39/2). Mit dieser konstituierenden Sitzung bestimmt das Parlament den Kanzler/die Kanzlerin und die Minister und die Regenschaft der alten Regierung endet (69/2). Wird hier keine neue Regierung gewählt (fehlende Mehrheit) beauftragt der Bundespräsident die alte Regierung, die Regierungsgeschäfte „geschäftsführend“ wahrzunehmen (69/3). Für diese Amtsführung gibt es keine Frist, die im GG festgelegt ist. Wir hätten, einmal vorausgesetzt, alle Koalitionsverhandlungen scheitern, eine Regierung, die keine strukturelle Mehrheit im Parlament hat. Ebenso denkbar: Merkel bildet ein Kabinett aus CDU/CSU, das bei der konstituierenden Sitzung die Mehrheit erhält, also auch die Stimmen der Opposition und danach als „Minderheitsregierung“ die Amtsgeschäfte aufnimmt. In beiden Fällen muss sich die Regierung für ihre Entscheidungen eine Mehrheit im Parlament suchen.

 

 

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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