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Dies vorweg: Ich gehöre nicht zu denen, die die Spiele gegen die Schwarz-Gelben aus Dortmund so hoch hängen wie viele andere Schalker und die Medien, die dieses Bundesligaspiel immer wieder mit nahezu hysterischem Eifer mit der Aura des Besonderen ausstatten.

 

Klar, kaum ein Spiel wird in so viele Länder übertragen, kaum ein Spiel wird im Vorfeld und nach dem Spiel so lange und intensiv diskutiert. Aber letztlich, ganz nüchtern betrachtet, geht es auch hier nur um drei Punkte auf dem Konto. Und die gingen am Samstag nach Dortmund – und zwar auf Grund der Leistung völlig zu Recht!

Wenn ich also das Wochenende zum Anlass dieses Beitrages nehme, dann weil es für alle deutlich gemacht haben sollte, in welcher spielerischen Krise Schalke nunmehr seit fast einem Jahr steckt.

Der Bankrott der Spielweise

Schalke agiert, das haben die Spiele der vergangenen Woche gegen Chelsea, Braunschweig und Dortmund gezeigt, nahezu hilflos gegen taktisch clevere, defensiv starke und auf schnellen Angriff setzende Gegner.

Immer noch wackelt die Abwehr – nur der Tabellenletzte Braunschweig hat mehr Gegentore kassiert als Schalke (Schalke 22/Braunschweig 23; zum Vergleich: der Tabellenführer Bayern hat in den bisherigen zehn Spielen lediglich 6 Gegentore kassiert, Dortmund 8).

Der Spielaufbau ist einfallslos, oft behäbig und schematisch, langsam und wenig zielgerichtet – vor allem aber für jeden Gegner leicht zu durchschauen. Die Mannschaft verschiebt sich insgesamt schlecht, schnelle Konter sind kaum möglich, weil Laufbereitschaft und Anspielstationen fehlen (was die Gesamtlaufleistung angeht –absolvierte KM pro Spiel – liegt Schalke am Tabellenende).

Oft wirkt das Spiel der gesamten Mannschaft lustlos, gehemmt, ängstlich, nahezu apathisch. Man kann als aufmerksamer Zuschauer häufig fast körperlich spüren, wie niemand Verantwortung übernehmen will.

Und weil niemand Fehler machen will, passieren sie.

Nichts belegt dies schlagender als die nackte Statistik: beim Spiel gegen Dortmund landeten 135 Schalker Anspiele nicht bei einem Mitspieler, sondern bei einem Dortmunder – selbst auf kleinstem Raum gelingt es den Schalkern häufig nicht, das Spielgerät dem Mitspieler so zuzupassen, dass der Ball verwertbar ist und nicht abgefangen wird.

Die Liste der hier angeführten Mängel könnte noch verlängert werden – letztlich läuft es auf die Frage zu, warum es einem Trainer, der mittlerweile zehn Monate im Amt ist, nicht gelingt, eine Mannschaft zu formen, die eine klare Strategie verfolgt, die selbstbewusst auftritt, die flexibel reagiert und deren Leistungen nicht so extrem schwanken, wie es bei der Mannschaft insgesamt, aber auch bei einzelnen Spielern der Fall ist.

Der Bankrott der Heilsbringer

Seit geraumer Zeit täuschen einzelne Spiele und Siege über die Schwäche der Mannschaft hinweg(etwa das gute Spiel gegen Leverkusen). Und immer wieder tauchen dann die gleichen Sprüche auf: Konzentration hoch halten, Motivation mitnehmen, Konstanz entwickeln, das wahre Gesicht zeigen.

Über die Schwächen täuschen auch die Leistungen einzelner Heilsbringer zeitweilig hinweg: der Heilsbringer war zunächst Julian Draxler – unzweifelhaft das größte Schalker Talent seit Jahren. Nun konstatiert der Junge selbst, dass er in einer „Krise“ ist – wobei man von einem zwanzigjährigen jungen Mann auch nicht erwarten kann, dass er ständig auf Top-Niveau spielt. Aber in den letzten Spielen war Draxler nur noch ein Schatten seiner selbst.

Warum ist diese Krise von der sportlichen Leitung nicht aufgefangen worden?

Der zweite Heilsbringer der Saison ist (war) Boateng, der die Mannschaft bei seinen ersten Auftritten tatsächlich aus einer Lethargie gerissen hat. Doch Boatengs Glanz ist schnell verblasst – ob durch den Rückschlag, den er wegen seiner Knieverletzung erlitten hat, oder aus anderen Gründen, mag offen bleiben. Ein einzelner Spieler kann aber auf Dauer die Schwächen einer ganzen Mannschaft nicht ausgleichen.

Als neuer Heilsbringer wird jetzt Max Meyer gepuscht- ein achtzehnjähriges Riesentalent, vielleicht sogar auf dem Weg, ein Schalker Lionel Messi zu werden. Hier wird es nicht lange dauern, bis auch dieser Junge im Sumpf der Mittelmäßigkeit versinkt, wenn sich nichts ändert.

Der Bankrott des Kapitäns

Manchmal ist es besser zu schweigen. Das hätte B. Höwedes tun sollen, als er die Schuldigen für die Niederlage gegen Dortmund suchte. Er hat sie im Publikum gefunden: „Jeder, der auf dem Platz ist, hat ein bisschen im Unterbewusstsein, dass unsere Fans sehr schnell unruhig werden, wenn gewisse Bälle nach hinten gespielt werden. Dann geht ein Raunen durch die Arena.“ (WAZ, Hauptsportteil, 28.10.2013)

Armer Benedikt (kommt übrigens von bene dicere: gut sprechen)! Ist das nicht etwas billig als Erklärung – euer Unterbewusstsein- das Raunen der Fans. Millionenschwere Profis, die wegen des Raunens von Fans zu ängstlichen Hoppelhasen werden? Das ist gedanklich so arm wie es sprachlich krude ist!

Die Wirklichkeit wird in den Äußerungen von Höwedes auf den Kopf gestellt: Das Schalker Publikum in seiner Gesamtheit hat die Mannschaft bei den Niederlagen gegen Chelsea und gegen den Dortmund bis zur letzten Minute unterstützt- durch Gesänge, durch Klatschen, durch Anfeuerungsrufe. Das Publikum Weltklasse – die Mannschaft bestenfalls Kreisklasse.

Ein Kapitän soll, so nennt man ihn auch, Mannschaftsführer sein – Höwedes´ Bankrotterklärung besteht darin, dass er die schlechte Leistung der Mannschaft dem Publikum in die Schuhe schiebt, anstatt die Mannschaft zu führen.

Der Bankrott der sportlichen Leitung

Es ist gerade mal ein knappes Drittel der Saison vorbei (zehn von 34 Spielen) und schon ruft Horst Heldt das neue Saisonziel aus: Platz 4, also der Platz, der in der letzten Saison mit ganz viel Glück am letzten Spieltag erreicht worden ist und für zwei Qualifikationsspiele zur Champions League reicht (mit natürlich ungewissem Ausgang). Von diesem Ziel ist die Mannschaft, die bisherigen Leistungen einmal fortgeschrieben, aber meilenweit entfernt.

Aber die Zielausgabe ist geeignet, in den Köpfen der Spieler (im „Unterbewusstsein“, um Höwedes zu zitieren) und beim Trainer das bisherige Auftreten als noch akzeptabel erscheinen zu lassen – eine Legitimation für das Weiterstolpern auf dem bisherigen Weg.

Die Krise der Mannschaft erweist sich auch als Krise der sportlichen Leitung, die ebenso konzeptionslos ist wie die Spielweise der Mannschaft.

Der Bankrott der Ordnungskräfte

Zur Woche des Bankrotts gehört auch (ob zufällig oder nicht) der Bankrott der Ordnungskräfte. Veranstaltete die Polizei vor einigen Wochen wegen einer Fahne eine Prügel- und Tränengasorgie im Schalker Nordkurvenbereich, ließ man nun nahezu ungestört Dortmunder Hooligans Trennscheiben zerstören, Feuerwerkskörper und Brandfackeln auf das Spielfeld und in die Menschenmenge werfen.

Die Gefahr von schweren Verletzungen (Verbrennungen), Atemnot, Panik wurde billigend in Kauf genommen, ohne dass massives Einschreiten der Ordnungskräfte zu erkennen war, so dass der Schiedsrichter sich genötigt sah, die Mannschaften erst einmal wieder in die Kabine zu schicken und mit Spielabbruch zu drohen.

Fazit

Auf Schalke, das ist nicht schwer voraus zu sagen, kommen schwere Wochen zu. Bis zur Winterpause ist ein weiteres Abrutschen in der Tabelle ebenso wenig auszuschließen wie ein AUS in der CL und im Pokal. Wenn es so kommt, wird es so sein, wie es in solchen Fällen immer ist: Als Geschenk wird unter dem Weihnachtsbaum ein neuer Trainer liegen!

Dann wird ein Raunen durch das Publikum gehen und im Unterbewusstsein der Spieler stellt sich der Autopilot auf SIEG.

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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