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Mein Fußballsamstag (30.11.) beginnt heute gegen 9. 00 Uhr.  Die Sporttasche von Felix (5 Jahre) wird gepackt: Schuhe, Schienbeinschoner, Wasserflasche, eine Waffel für die Halbzeitpause. Aufbruch zum Schürenkamp. „Auswärtsspiel“ der G-Jugend („Mini-Kicker“) von DJK Schwarz-Weiß Gelsenkirchen Süd, Treffen 9.30 Uhr.

Wir sind die ersten vor Ort.v Mal sehen, ob die anderen kommen. Am vergangenen Samstag waren es nur vier Spieler. Das Spiel wurde nicht angepfiffen (6 Spieler plus Torwart sollten es sein) und in der „Meisterschafts-Tabelle“ als 0:5 Niederlage gewertet.

Heute treffen die anderen nach und nach ein – insgesamt 11 Kinder im Alter von 3 ½ bis 6 Jahren.

Für Multi-Kulti-Freunde: in der Mannschaft gibt es nicht einen „Original-Deutschen“ – Felix ist ja von Seiten der Mutter her Kroate, hat einen deutschen Papa. Alle anderen Buben haben türkischstämmige Eltern.

Es ist kalt und feucht. Der Ascheplatz aber bespielbar und vom gastgebenden Verein (DJK Blau-Weiß Gelsenkirchen) schon spielfertig hergerichtet. Ab in die Kabine, Trikots an, dann raus, ein wenig warm spielen.

Anpfiff.

Wenn Kinder dieser Altersgruppe Fußball spielen ist das so eine Art Schwarmbildung: wo der Ball ist, läuft der Schwarm hin. Und dann gibt es natürlich diese „Stier Ferdinand“-Situationen (falls euch das was sagt). Der eine oder andere nimmt sich zwischendurch eine Auszeit und würde wohl Blumen pflücken, wenn auf dem Ascheplatz Blumen wären.

Planloses Gerenne, Gestochere, Kontakt mit dem matschigen Boden, Zufallsprodukte – mit einem gewissen Unterhaltungswert, wenn man das Spiel als Spiel sieht und nicht so ernst nimmt.

Die Mannschaften sind gleichwertig. Fast. Denn der Gegner hat Basha. Basha ist gerade 6 geworden, wie mir die Trainerin verrät. Ich bin fasziniert. Ich habe noch keinen Sechsjährigen gesehen, der so mit dem Ball umgehen kann, der eine solche Laufbereitschaft und Schusstechnik hat und so viel Durchsetzungsvermögen.

Und in dieser Altersgruppe sind ein oder zwei Spieler von diesem Format entscheidend.

Immer wieder läuft er vom eigenen Strafraum, die gesamte Mannschaft von Schwarz-Weiß ausspielend, vor unser Tor und zieht ab. Einiges hält der Torwart, der eine oder andere Schuss geht vorbei- aber Basha trifft mehrfach. Fünf Tore stehen letztlich auf seinem Konto- und je weiter das Spiel voran schreitet desto mehr wird er zum entscheidenden Spieler.

Am Ende verliert unsere Mannschaft 7:0 – ein Sprung gegenüber 17:1 und 20:1-Niederlagen, die es auch schon gegeben hat. Aber kein Gejammer über die Niederlage – der Spaß steht im Vordergrund, das Gefühl, ein Trikot zu tragen und Fußballer zu sein.

Zum Glück sehen das „unsere“ Eltern samt Trainer auch so: die Kinder sollen Spaß haben. Da gibt es auch andere Kaliber: Eltern, die vom Spielfeldrand ihre eigenen Kinder anschnauzen, Trainer, die ständig schreien.

Mit der Niederlage im Gepäck erst mal ab nach Hause. Nach einer kurzen Pause mache ich mich auf den Weg nach Erle (Stadion an der Oststraße). Dort spielt Pauls Mannschaft (D-Jugend) gegen SV Erle 08.

Gemessen am Halfmannshof eine riesige Sportanlage: ein Rasenplatz, ein Ascheplatz und ein Kunstrasenspielfeld, auf dem die Mannschaften antreten. Von Anfang an ist klar: das wird heute nichts geben für die Schwarz-Weißen, die Mannschaft wirkt müde, spielt unorganisiert, ein Mittelfeld existiert nicht. Sophie, die Mittelstürmerin (in dieser Altersklasse dürfen auch Mädchen noch gemeinsam mit Jungen spielen) reibt sich in Zweikämpfen auf, eine ernsthafte Torchance gibt es nicht- jedenfalls nicht für Schwarz-Weiß.

Paul (11 Jahre alt, rechter Verteidiger) zieht einmal in der zweiten Halbzeit aus gut 20 Metern ab – aber der Torwart der Erler lenkt den Ball so eben noch mit den Fingerspitzen über die Querlatte. Erle ist drückend überlegen, der 5:0-Sieg geht völlig in Ordnung. Und mir wird langsam kalt – trotz meiner Wollsocken und eines dicken Pullovers.

Bilanz der beiden Auswärtsspiele: zwei Niederlagen, kein Tor geschossen, aber 12 Buden kassiert. Wieder mal eine Übung in Demut und eine Stärkung der Frustrationstoleranz.

Um 17.00 Uhr Aufbruch zur Arena. Die aus Bochum kommende 302 ist bereits picke-packe voll- aber nebst einigen anderen quetschen Jan, Paul und ich uns noch irgendwie rein – und die Hauptmasse der Bahnfahrer wartet ja noch – an der Haltestelle Hauptbahnhof. Aber nichts geht mehr. In der Bahn viel Rabbatz, Gesinge – na ja, eher Gegröhle. Ich vermute: schädliche Folgen des Glühwein-Genusses auf sog. „Weihnachtsmärkten“.

Die Fahrt ist ein Tortur: stickige Enge, ruckeliges Anfahren. Als direkt neben mir ein Vollpfosten eine Kippe anzündet, halse ich. Schließlich drücke ich seine Zigarette in seiner Hand aus, nachdem eine freundliche verbale Aufforderung keine Wirkung gezeitigt hat. Er nimmt es hin!

An der Arena wie immer die top-organisierten Flaschensammler – bestens logistisch strukturiert. Wenn das Spiel der Schalker so geordnet wäre wie das Flaschensammeln, wäre die Mannschaft an der Spitze der Tabelle.

Da ich nichts erwarte, bin ich am Ende positiv überrascht. Von einigen Patzern und schwachen Momenten abgesehen, eine präsentable Vorstellung gegen einen allerdings eher schwachen Gegner. Der wegen vorheriger Abseitsstellung eines Schalkers zu Unrecht gegebene Elfer, den Farfan zum 2:0 verwandelt, bringt Schalke endgültig auf die Siegerstraße.

Gegen 21.30 Uhr steigen wir am Hauptbahnhof aus der Bahn.

Gut 12 Stunden mit drei Spielen. Es reicht für heute. Bis zum nächsten Spieltag: erst mal durchatmen.{jcomments on}

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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