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Nach Tucholsky darf die Satire bekanntlich alles.

Gut so!

Aber wenn es keine Satire ist, was dann? Der Text von Böhmermann mit dem Titel „Schmähkritik“ ist das, was der Titel benennt – eine Schmähung. Satirisches – über Erdogan – habe ich aus dem Text nicht herauslesen können! Satire hat für mich etwas mit Pointen zu tun. Satire ist eher Florett als Säbel. Böhmermanns Text ist nicht einmal Säbel – eher Holzhammer oder Vorschlaghammer. Aus meiner Sicht: Langweilig und ohne Niveau! Vielleicht ist diese Niveaulosigkeit aber der Grund dafür, warum die cleveren „Moralisten“  von der BILD es in der online-Ausgabe immer noch als „Zitat“ zur Verfügung stellen!

Pointen? Eher nicht.

Dafür Unterleibswitze über Ziegenficken, Fellatio mit Schafen und einen kleinen Schwanz. Gähn! Irgendwie eine Mischung aus dem  Vokabular eines Spätpubertierenden und Männerwitzchen vom Stammtisch, angereichert mit Fäkalhumor!

Sieht man den Textbeitrag im Kontext der Sendung, so wird klar, dass Böhmermann ausdrücklich darauf abhebt, die Grenzen der Satirefreiheit auszuloten und zu überschreiten. Die Reaktionen der Türkei  und der Regierung werden also in Kauf genommen oder sind sogar intendiert. Deshalb wohl auch die Ansammlung von Geschmacklosigkeiten.

Aber darauf kommt es nicht an!

Geschmacksfragen können nicht über Meinungsfreiheit bestimmen – und eine trennscharfe Definition von Satire gibt es sowieso nicht. Satire muss auch nicht gefallen –  mir nicht und schon mal gar nicht den Herrschenden und ihren Helfershelfern in Presse, Justiz und Diplomatie! Und eine Regierung sollte sich nicht zur Richterin über Geschmacksfragen oder die Definition von Satire aufschwingen. Und eine Bundeskanzlerin ist erst recht keine Literaturkritikerin – was Frau Merkel aber im Falle Sarrazin bereits einmal getan hat und ebenso bereits im Fall Böhmermann – sie ist also Wiederholungstäterin.

Und jetzt ermitteln Staatsanwälte – wegen Beleidigung eines Staatsoberhauptes nach § 103 Strafgesetzbuch:
Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten

(1) Wer ein ausländisches Staatsoberhaupt oder wer mit Beziehung auf ihre Stellung ein Mitglied einer ausländischen Regierung, das sich in amtlicher Eigenschaft im Inland aufhält, oder einen im Bundesgebiet beglaubigten Leiter einer ausländischen diplomatischen Vertretung beleidigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe, im Falle der verleumderischen Beleidigung mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Dabei ermitteln die Staatsanwälte sozusagen im vorauseilenden Gehorsam. Denn ein Strafverfahren nach § 103 – übrigens ein Straftatbestand, der sich noch aus dem Kaiserreich in unsere Republik gerettet hat, hat zwei Voraussetzungen, die in § 104 genannt werden:

Das beleidigte Organ, in diesem Fall Erdogan bzw. der türkische Staat, muss eine Strafverfolgung beantragen – und die Bundesregierung muss der Strafverfolgung zustimmen. Die erste Voraussetzung liegt mittlerweile vor, was die zweite angeht, ist die Bundesregierung in einem Prüfungsprozess, der nach Regierungssprecher Seibert einige Tage in Anspruch nehmen soll.

Da habe ich jetzt aber ´mal einige Fragen:

Wenn jemand strafrechtlich verfolgt werden kann, weil er ein ausländisches Staatsoberhaupt beleidigt, kann dann auch dieses Staatsoberhaupt oder ein mit ihm paktierendes hiesiges Staatsoberhaupt oder Regierungsmitglied strafrechtlich belangt werden, wenn sein Tun (oder auch sein Unterlassen) mich beleidigt, weil es mich für dumm verkauft?

Denkt unsere Regierung darüber nach, dieser Reinkarnation des Paschatums, dessen Größenwahn, Humorlosigkeit und Selbstgefälligkeit ja nur Ausdruck eines ausgeprägten Minderwertigkeitskomplexes sind, statt staatsanwaltschaftlicher Unterstützung lieber therapeutische Hilfe zu gewähren?

Ermitteln die Staatsanwälte auch gegen Erdogan – wegen tausendfachen Mordes an den Kurden, wegen seiner nationalistischen Allmachtsphantasie, wegen seiner Leugnung des Völkermordes an den Armeniern, wegen der unter seiner Regierung getätigten Geschäfte mit den IS-Terroristen, wegen des Verfolgens von kritischen Journalisten und der Unterdrückung von Minderheiten?

Und, wenn deutsche Staatsanwälte für eine Anklage gegen Erdogan  nicht zuständig sind, weil er ein ausländisches Staatsoberhaupt ist,  ermitteln sie dann wenigstens gegen unsere Regierung wegen ihres Flüchtlingsdeals mit diesem Mann? Wegen der Verlogenheit unserer Regierung, die von offenen Grenzen redet, aber über jeden Flüchtling froh ist, der nicht mehr zu uns kommt, weil die „Balkanroute“ gesperrt ist und Erdogan in Griechenland sitzende Flüchtlinge „zurück nimmt“?

Wird gegen Merkel ermittelt, weil sie mit einem Mann paktiert, dessen Protzbau mit tausend Zimmern mein ästhetisches Empfinden beleidigt?

Nein? Nicht?

Na, dann komme ich schon fast wieder  an den Punkt, dieses dumme, überhaupt nicht lustige, geschmacklose Produkt gut zu finden!

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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Baumschüler

Zum Paragraphen wäre da die Frage,

ob sich der Staatshäuptling zum Zeitpunkt der Tirade in amtlicher Eigenschaft in der BRD aufhielt.
Soweit bisher bekannt, war das nicht der Fall.

Warum sollte dann dieser flotte 103er Anwendung finden?

Bischen viel Gedöns um einen weiteren lumpenreinen Demokraten.

Immerhin lenken diese Aprilscherze von den echten Problemen
hierzulande und global mit Rastplatz Panama leider ein wenig ab.

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Bernd Matzkowski

deshalb hat er ja jetzt auch als privatmann anzeige erstattet, was jederzeit möglich ist, auch wenn man sich nicht auf dem staatsgebiet aufgehalten hat. zudem ist das unabhängig von der „gestattung“ der strafverfolgung durch unser kabinett!

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Baumschüler

Hilfsweise könnte er
eventuell auch im nächsten Jahr hierzulande kandidieren.
Zur Not als Ehrenbürger?

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Bernd Matzkowski

(1) Wer ein ausländisches Staatsoberhaupt oder wer mit Beziehung auf ihre Stellung ein Mitglied einer ausländischen Regierung, das sich in amtlicher Eigenschaft im Inland aufhält, oder einen im Bundesgebiet beglaubigten Leiter einer ausländischen diplomatischen Vertretung beleidigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe, im Falle der verleumderischen Beleidigung mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

kurzer nachtrag: die textbausteine in § 103 sind durch ein „oder“ verbunden
>ein ausländisches staatsoberhaupt
>oder ein mitglied der ausl. regierung, das sich in amtlicher….aufhielt
>oder einen sich in der BRD aufhaltenden Leiter einer

der sultan muss sich also nicht in deutschland aufgehalten haben zum zeitpunkt der schmähung, das ausl. staatsoberhaupt muss sich nicht aufgehalten haben, aber das mitglied der regierung schon ebenso der sich in der brd aufhaltende leiter…..

kurz und gut:wenn du morgen eine schmähung des nordkoreanischen dikators öffentlich betreibst, dann kann er staatsanwaltliche verfolgung verlangen.

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Heinz Niski

Was mich beschäftigt: warum taucht Böhmermann ab bzw. bleibt so lange abgetaucht? Ist das satirische Metaebene oder ist er tatsächlich schwer angeschlagen, weil die Öffentlichkeit so oder so (über)reagiert?
Das sollte ein Kabarettist oder Satiriker schon aushalten – ein Comödian auch?

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