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HerrKules:  Wie ist Ihr Arbeitstag, wie sieht das aus, wann stehn Sie auf, wie lange arbeiten Sie ?

Roland K:  Ich steh morgens 7 Uhr auf und steh bis 18 Uhr.

HerrKules: Bis 18 Uhr ? 

Roland K: Ja. 

HerrKules: Stehn Sie ununterbrochen oder machen Sie Pause zwischendurch ? 

Roland K: Ja, zwischendurch mal eine rauchen, aber sonst, ja, ununterbrochen. 

HerrKules: Können Sie vielleicht irgendwas erzählen, was Ihnen da so passiert und begegnet, wenn Sie so da stehn ? Sind das immer angenehme Begegnungen … oder ?

Roland K: Nein .. 

HerrKules: Gibts auch unangenehmes ? 

Roland K: Ja … da kommt mancher an .. eh, du Obdachlosen, du Penner. Da sach ich, pass mal auf, bei Wind und Wetter steh ich hier und verkauf die Obdachlosenzeitung. Ich sach, stell du dich hier mal hin … ich wurd auch schon zwei mal umgeschlagen …

HerrKules: Ja ? 

Roland K: Ja. 

HerrKules: Das ist ja auch körperlich sehr anstrengend. 

Roland K: Ja sicher und bei Wind und Wetter und ob das regnet, da können Sie nebenan die Geschäftsleute alle fragen, ich steh jeden Tach da, von morgens bis abends.     

HerrKules: Und wie gehn die Geschäftsleute damit um ?

Roland K: Gut, ich komm mit den Leuten sehr gut aus. Hier am Neumarkt, wenn der Postbote kommt, halt ich die Tür auf, wenn Leute hier zum Arzt gehn, halt ich die Tür auf.

HerrKules: Ja, Sie sind bekannt als sehr freundlicher Straßenzeitungsverkäufer.

Roland K:  Ja – nickt still – 

HerrKules: Wo bekommen Sie diese Zeitungen her ? 

Roland K: Die hol ich in Essen-Steele. 

HerrKules: Müssen Sie zu Fuß dahin ? 

Roland K: Nein, ich fahr mit´m Bus.

 HerrKules: Ah ja. 

Roland K: Zu Fuß – schüttelt den Kopf – iss zu weit. 

HerrKules: Ah ja, und wo wohnen Sie ? 

Roland K: Ich wohn jetzt im Moment beim Kollegen, Margaretenstr. 1, ja. 

HerrKules: Aber sonst haben Sie wechselnde Wohnungen, oder wohnen Sie auch schon mal im Caub-Bunker , oder ?

Roland K: Nein, ich hab damals, wo ich auffe Straße war, da hat man mir gesacht, ich soll in Caub-Bunker gehn, erstmal kostet das 3 Euro pro Nacht, nur für Schlafen, und da sind Leute drin, mit denen möcht ich echt nichts zu tun haben. Verstehn Sie, was ich meine ?

HerrKules: Gibts da Diebstahl, Schlägereien ? 

Roland K: Ja, nee, das hab ich nicht … ich war 28 – nee – 24 Jahre verheiratet, und dann auf einmal kam die Trennung. Dann hatt ich mal´n Rechtsanwalt, da war ich vor Gericht …. von meiner Frau wurd mir versprochen, das und das, ich wollte ja nur haben, was mir zusteht. Die Hälfte vonne Wohnung, da hab ich zu meinem Anwalt gesacht, gut, dann zieh ich am 28. Februar, vor 3 Jahren, freiwillig ausse Wohnung aus. Dann bin ausgezogen, ja, dann kam ich nachher, wollt ich meine Sachen holen  – stockt – Null, alles wech.

HerrKules:  Mh. 

Roland K: Da hab ich gar nichts mehr gekricht. Ich hab 2 Jungs – weint – der eine ist 25, der andre 28 Jahre. 

HerrKules: Kein Kontakt ? 

Roland K: Nein … 

HerrKules: Überhaupt nicht ? 

Roland K: Nein, obwohl ich auffe Straße war. Bin nachts hingegangen, hab geschellt, die haben noch nich mal die Tür aufgemacht — weint — Entschuldigung.

HerrKules: Ja, geht klar. 

Roland K: Ich hab damals immer gearbeitet und alles getan, für meine Kinder, die Wohnung eingerichtet, ich hab ihr Sachen gekauft, Anziehsachen, ich hab ihr alles gegeben. Und jetzt steh ich ganz alleine da.   

HerrKules: Mh. 

Roland K: — weint — Entschuldigung. 

HerrKules: Nee, das ist doch völlig in Ordnung. Was haben Sie denn früher gemacht, beruflich gemacht ? 

Roland K: Ich hab gelernt Dreher und zum Schluss war ich bei Grillo Funke und ganz zum Schluss bei Regips. Und da wurd dann reduziert, und ich war mit einer von den letzten, die da angefangen haben, und da musste ich dann gehn. Ich hab Samstach, Sonntach, ich hab gearbeitet, ich hab alles getan, ich hab nebenbei tapziert, ich hab Möbel geschleppt, ich hab alles gemacht, das ganze Geld, alles, was ich verdient hab, hab ich meiner Frau gegeben. Auch mit dem Konto, ich hab gar keine Karte gehabt, die konnte über alles verfügen. Ja, und dann auf einmal kam das von heut auf morgen – ich reich die Scheidung ein – . Ja.

HerrKules:  Wie alt sind Sie jetzt ? 

Roland K: 57 

HerrKules: Mh. Dann kriegen Sie auch kein Hartz 4, nichts ? 

Roland K: Im Moment krich ich Hartz 4. – Nickt – 

HerrKules: Hartz 4, wie hoch ist das bei Ihnen ? 

Roland K: 311 Euro. 

HerrKules: Das reicht nicht … 

Roland K: Nein, ich muss … passen Sie mal auf .. erstmal muss ich jeden Tach auch essen … das … und ich rauch. Ich rauch schon jetzt hier die 1,50 Zigaretten, weil ich mir die teuren gar nicht mehr erlauben kann. Früher sind wir in Urlaub gefahrn, ich hab alles gemacht. Ich hab alles für meine Familie getan – spricht lauter – ALLES. Von klein auf, die haben alles gekricht. Egal, ob das Gameboy war oder Computer, die haben alles gekricht. Weihnachten war ich ganz alleine. Silvester, ganz alleine. Ja – –schüttelt den Kopf.—  

HerrKules: Wie ist das denn mit der ärztlichen Versorgung, wenn Sie da stehn, hier hält doch auch immer so ein Arztwagen. Benutzen Sie diesen Service ? 

Roland K: Nee. 

HerrKules: Gar nicht ? 

Roland K: Hier ? Hier hält doch gar kein Arztwagen. 

HerrKules: Ich dachte, hier würde auf dem Platz auch am Freitag … 

Roland K: Nein, hab ich noch nie gesehn. Am Aloysianum. Wann war das, vor 2 Monaten, ich steh da mit meiner Zeitung, hab mich unten auffe Bank gesetzt, hab mir eine geraucht und wollt wieder hochgehn. Feierabend, fall um, wech vom Fenster. Tja, kam der Krankenwagen, da wurd ich eingeliefert im Evangelischen Krankenhaus, alle Untersuchungen gemacht, alles in Ordnung. Gut, ich komm wieder raus. Geh 2 Wochen später – fall ich hier vor´m Weinkontor um. Alle Untersuchungen gemacht, ob inne Röhre, ob das und das, nichts, konnten nichts feststellen.

HerrKules: Und was war´s dann, oder … 

Roland K: Ja, ich weiß bis heute noch nich. Ich stand da, bin einfach umgekippt, wech. Für 5 Minuten, ich war einfach wech. 

HerrKules: Aber es wurde Ihnen geholfen ? 

Roland K: Ja, es wurde mir geholfen. Das tat echt gut. Ja, ich hab jetzt auch mit der Bearbeiterin vom Arbeitsamt gesprochen, jetzt war ich auch hier in der Caritas, jetzt wollt ich mal gucken, ob ich hier irgendwo in so ein Wohnheim oder was reinkomm.

HerrKules: Ja ? 

Roland K: Ja, weil ich ja immer alleine bin. Ich hab in Nienhausen auffe Bank geschlafen bei Wind und Wetter. Ich krich ja morgens meine Finger nich grade, in Schalke lag ich anne Sparkasse auffe Bank, hab ich geschlafen. 

HerrKules: Und wie gehn die Leute damit um, gibts da Ärger, wenn Sie irgendwo draußen schlafen ?

Roland K: Nein, erstmal in Nienhausen, inne Grillhütte, da hat mich ja keiner gesehn, und ich hab ja auch kein Theater gemacht. Genau wie hier mit den Leuten, wo ich die Zeitungen verkauf, mit denen komm ich gut aus. Auch nebenan, inne Bäckerei oder im Weinkontor, ich kenn die Leute alle gut. Auch zu den alten Leuten, ich bin immer nett und freundlich und fertich iss. Ich komm mit denen echt gut aus. Nur eben, ich bin ganz alleine.

HerrKules: Mh, und so Angebote der AWO oder hier im Alten Aloysianum, nehmen Sie die an, dass man sich da mal treffen kann, gibts sowas überhaupt ?  

Roland K:  – Nickt – Das gibt es. Und das würd ich auch annehmen. Ja. 

HerrKules: Aber im Moment nicht ? 

Roland K: Im Moment hab ich keine Angebote. Ich hab jetzt im Moment das vonne Caritas am laufen, und das kann noch was dauern, und wenn das klappen sollte, dann nimm ich das auch an. Damit ich auch mal wieder unter Leute komm und so.

HerrKules: Sind Sie in Gelsenkirchen geboren ? 

Roland K: Nein, ich bin in Schmalensee geboren.  

HerrKules: Wo ist das ? 

Roland K: Schmalensee. 

HerrKules: Ja, wo ist das ? 

Roland K: Holstein. 

HerrKules: Ah ja, und wie lange leben Sie in Gelsenkirchen ? 

Roland K: Seit meinem 5. Lebensjahr 

HerrKules: Ach ja, dann sind Sie ja .. 

Roland K: Ja, ich bin groß geworden in Gelsenkirchen. 

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Von Heinz Niski

Handwerker, nach 47 Jahren lohnabhängiger Arbeit nun Rentner. Meine Helden: Buster Keaton, Harpo Marx, Leonard Zelig.

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