Tag 2
Gelsenkirchen Altstadt,von Oven Straße 10, Hinterhof, Samstag, 24.09.2011 19:20
Maik Schneemilch hat Seele, ist Vollblutprofi und Kraft gewordene Musik. Kraftvoller Typ mit kraftvoller Stimme, der seinen kraftvollen Blues mit kraftvoller Gitarre begleitet. Nicht mal der temporäre Stromausfall kann verhindern, dass Mann und Musik den Raum fluten. Er besingt dreckige Städte, die man verlassen sollte, um an Sehnsuchtsorten wie z.B. Memphis anzudocken, weil dort Welse auf dem Tisch serviert werden, Gospel in der Luft läge und Elvis als Geist spazieren ginge. Qualitativ hochwertiger handgemachter Mainstream Blues-Pop.
Dem Publikum gefiel es.
20:45
Die Dame Lara Brautmeier und die beiden Herren Ferhat Engin und Johannes Lange von :fercho: & his beatbumper Joe waren fest entschlossen, bei ihrem Schmachtblick-Tolle-Stampffuß-Hüftschwung Programm keinen Ton zu treffen.
Diesen kleinen Makel steckt das in Symbiose mit den Akteuren lebende Publikum gelassen weg, da die Formation Kultstatus hat. Nach zwei Takten kocht und brodelt der Saal, die 130 Leute treiben den Schlagwerker und den Gitarristen druckvoll stampfend von einem Johnny Cash und Elvis Song zum nächsten. Während die Dame den „Ring of Fire“ schmachtend-verlangend haucht und röhrt, föhnt die brennende Saal-Luft jeden noch so kleinen Schweißfleck aus der Garderobe der geneigten Hörerschaft. Man nimmt sich gegenseitig Augen zwinkernd, das hat Charme, das ist Kult.
Dem Publikum gefiel es.
22:00
Die in Schwarz gekleideten Kery Felske alias KryMe (Gesang) und ihr Cousin Olli Gürtler (Tasten, Programmstufen, Effekte) lassen unter dem Namen „Berkwerk“ nihilistischen Düster-Gothic-Wave-Punk ahnen, kommen aber experimentell gelooped daher.
Kery Felske, die crossover Jazz, Blues, Klassik, Rock abdeckt, singt, kreischt, wispert, stöhnt in 2 Mikrophone ein expressionistisches Duett mit sich, ein Frage- und Antwortspiel ohne die üblichen Blues-Phrasen. Man ahnt einen dualistischen Kampf. Während Gut und Böse, Jekyll und Hyde auf der Bühne ringen, umtanzen in sich gekehrte Solitäre im Parkett sich selbst. Bebasst und umgarnt mit Sphären-Loops, taucht das Dutzend Zuhörer in Dunkelheit, Innerlichkeit, Melodie und Rhythmus ab.
Dem Publikum gefiel es.