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Anfang Dezember, vor sechs Jahren

Abgeordnetenstimmen für eine Mehrheit mussten her, denn die PDKE wollte an der Macht bleiben. Eine geschäftige Koalitionsdiplomatie begann.

Die Emissäre der PDKE versprachen und drohten, schimpften und schmeichelten, sprachen von gesellschaftlicher Verantwortung, einer besseren Zukunft, einer stabilen Gesellschaft, den Chancen der Jugend, verschwiegen auch die Aufstiegsmöglichkeiten für Mitglieder der Regierungsfraktionen nicht, zeigten sich weich und hart, unverbindlich und konziliant, höflich und aggressiv, witzig und gelangweilt, charmant und eiskalt, gaben nach und forderten, arrangierten Arbeitsessen und Hinterzimmertreffen, gerierten sich abwartend und preschten nach vorn. Und hatten Erfolg. Zuerst erklärte sich eine ultranationale Splittergruppe bereit, in die Regierung einzutreten. Ihr folgte ein Interessenverband ehemaliger Soldaten (PDHF: Partei der Heimatfront), der mit gerade einmal 50 Stimmen die Sperrklausel übersprungen hatte. Und schließlich entschieden sich einige Abgeordnete der PDWU, die bei der Wahl ihre Abgeordnetenzahl knapp hatte halten können, zur PDKE überzutreten. Dies stärkte nicht nur die PDKE, sondern schwächte vor allem die PDWU, die nunmehr weniger Abgeordnete stellte als ihr ehemaliger Koalitionspartner PDSG, die einzige noch verbliebene ernst zu nehmende Oppositionspartei.

schneeschweinEine Regierungskoalition wurde geschmiedet, in der die PDKE alle wichtigen Ministerien besetzte. Die Ultra-Nationalisten bekamen ein neues Ministerium zugestanden (Ministerium für die Pflege der Heimatkultur), die Partei der Heimatfront durfte einen von drei Staatssekretären im Ministerium für Verteidigung stellen, ein Mitglied der Gruppe der Überläufer aus der PDWU rückte in den Fraktionsvorstand der PDKE auf.

Als der alte und neue Regierungschef nach seiner Wahl die Antrittsrede im Parlament hielt, steigerte er sich in einen Rederausch hinein, bei dem Phrasenketten aus ihm herausquollen wie der Schaum aus einer defekten Waschmaschine.

Die Redner der Opposition, besonders der Sprecher der PDSG, wurden während ihrer Entgegnungen durch permanentes Gejohle und Gepfeife der Regierungsparteien unterbrochen, so dass sie sich kaum Gehör verschaffen konnten.

Während im Parlament die Atmosphäre von Minute zu Minute aufgeheizter wurde, herrschte draußen eine fast angenehm zu nennende Kühle, die dem seit Tagen anhaltenden Schneefall geschuldet war, der Straßen und Häuser in eine weiße Watte packte.

Als der Regierungschef am späten Abend das Parlamentsgebäude verließ, sah er sich auf dem hell erleuchteten Vorplatz mit einem Schneemann konfrontiert, der eine Krawatte in dem vom Regierungschef bevorzugten grün-weißen Streifenmuster trug. Dieser Schneemann hatte keine Nase, dafür aber unterhalb des mittels einer Kartoffelschale angedeuteten Bauchnabels eine verschrumpelte Möhre hängen.

Vor die plump gestaltete Figur hatte ihr Erbauer in den Schnee deutlich lesbar gepinkelt:

Die Kannibalen kommen!
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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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