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Gemessen an seiner Bedeutung in der Mythologie, die eher gering ist, ist seine Darstellung in der Kunst, in Malerei und Plastik, durchaus umfangreich. Vielleicht liegt es an seiner äußeren Gestalt, denn er wird zumeist als ein Wesen mit einem menschlichen Oberkörper dargestellt, aber mit den Vorderbeinen eines Pferdes (insofern ähnelt er den Kentauren) und einem Unterleib, der einem Delphin ähnelt.

Sein Hauptattribut ist eine Schneckenschale, auf der er gleich auf einem Horn bläst. Und sein Name ist Triton.

Eine solche Gestalt macht sich auf Vasen und als Skulptur doch ganz gut – und passt als Dekoration in jede (pseudo-)griechische Taverne.

Triton ist ein Sohn des Meeresgottes Poseidon und der Nereide (Meeresnymphe) Amphitrite. Die war übrigens durchaus nicht scharf darauf, den Meeresgott zu ehelichen und musste zur Hochzeit mehr oder weniger überredet werden. Vielleicht ahnte sie bereits, dass ihr zukünftiger Gatte ein ebenso notorischer Fremdgeher war wie sein Bruder Zeus. Vielleicht lag es aber auch daran, dass eine Aufgabe der Nereiden darin bestand, Schiffbrüchige zu retten, sie also aus jenem Meer zu fischen, dessen Herrscher ihr Gatte war.

Über Triton selbst ist, wie bereits erwähnt, wenig zu erfahren. Seine bekannteste Tat steht im Zusammenhang mit der Argonautensage, in der es um Jason und das Goldene Vlies geht.

Auf dem Heimweg nach Griechenland werden die Argonauten von einem Wirbelsturm erfasst und von einer riesigen Welle in eine Wüste geschleudert. Von diesem Flecken Erde – in Libyen gelegen – bewegen sie ihr Schiff mit ihrer Körperkraft auf Rollen zum Salzsee Tritonis. Dort erscheint ihnen Triton, der die Argonauten schließlich am Kiel ihres Schiffes Argo bis ins Mittelmeer zieht, so dass sie ihre Heimreise fortsetzen können. Insofern steht Triton in gewisser Weise in der Tradition seiner Mutter – nur dass die Argonauten nicht im Meer Schiffbruch erlitten haben sind, sondern in einem Salzsee gestrandet sind.

Nun hat dieser Triton jüngst als Namenspatron eine Auferstehung gefeiert – nämlich für FRONTEX, die „Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen“, kurz: für jene europäische Institution, die – mit Sitz in Warschau – dafür Sorge tragen soll, dass Europas Außengrenzen nicht unberechtigt überschritten werden, etwa von Flüchtlingen aus Afrika, die via Mittelmeer nach Europa wollen.

TRITON löst die Operation „Mare Nostrum“ ab, die, von Italien verantwortet, von Oktober 2013 bis Oktober 2014 immerhin zur Rettung von rund 130 000 Flüchtlingen im Mittelmeer beigetragen hat (bei etwa 3000 Toten). Mare Nostrum aber kann oder will nun von Italien nicht mehr getragen werden – vor allem aus finanziellen Gründen. Mare Nostrum hatte (nach offiziellen Quellen) ein Budget von rund 9 Millionen Euro im Monat, TRITON soll lediglich ein Budget von knapp 3 Millionen Euro im Monat haben. Dies ist wesentlich drei Veränderungen geschuldet: einer Verkleinerung des Operationsgebietes auf das Gebiet nahe der italienischen Küste, wogegen Mare Nostrum sein Operationsgebiet bis vor die libysche Küste (siehe oben!) ausgedehnt hatte; zweitens einer Reduzierung der technischen Mittel (Schiffe, Hubschrauber etc.); drittens aber einer Verlagerung der Aufgaben: von der Seenotrettung hin zur reinen Grenzüberwachung.

Anders gesagt: die Festung Europa soll gegen Flüchtlinge aus Afrika sicherer gemacht werden.

Dass FRONTEX diese Operation nun auch noch nach Triton benennt, kann vor dem Hintergrund der Mythologie doch nur zynisch genannt werden. Ein Gott, der Gestrandeten auf ihrem weiteren Weg half und dessen Mutter Schiffbrüchige rettete, wird zum Namensgeber einer Mission gemacht, die auf Rettung aus Seenot weitestgehend verzichtet und den zehntausendfachen Verlust von Menschenleben billigend in Kauf nimmt.

Europa, mir graut vor dir!{jcomments on}

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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