0
(0)


Seit geraumer Zeit schwelt in Gelsenkirchen eine Auseinandersetzung um die Rückgabe des Gemäldes „Bacchanale“ von Lovis Corinth an die Erben. Das Bild ist während der Nazizeit den Eigentümern abgepresst worden; im Kontext der Rassegesetze wurde die jüdische Berliner Eigentümerfamilie gezwungen, ihren gesamten Besitz- und damit auch das Gemälde – zu versteigern. Nahezu die gesamte Familie der Eigentümer wurde Opfer des Holocaust und wurde in Auschwitz und Bergen-Belsen ermordet..

Die Stadt Gelsenkirchen hat das Gemälde 1957 in einer Kölner Galerie für 14 500 DM erworben. Nun ist aber längst klar, dass es sich hierbei um „Raubkunst“ handelt und dass es Erben gibt, die die Rückgabe des Gemäldes fordern. Konkrete Schritte sind, was eine Rückgabe angeht, aber bisher nicht erfolgt. Vielmehr gibt es unterschiedliche Auffassungen, wie mit dem Gemälde verfahren werden soll. So möchte die Stadt u.a. gewährleistet sehen, dass das Bild weiterhin öffentlich zugänglich ist, denkt aber auch an eine Gewinnbeteiligung bei einem etwaigen Weiterverkauf. Die Erben, vertreten durch einen Rechtsanwalt, erwarten die Rückgabe des Gemäldes.Über die Verhandlungen – und darüber, ob es solche überhaut bereits gegeben hat -, bestehen zwischen den Parteien (Stadt und Rechtsanwalt der Erben) unterschiedliche Auffassungen. Nach den Erben hat nun auch die Stadt auf Beschluss des Ausschusses für Kultur die sog. „Limbach-Kommission“ angerufen, die in Fällen von Raubkunst Vorschläge zum Verfahren macht, die aber keinen rechtsverbindlichen Charakter haben.
Vor dem Hintergrund dieser Auseinandersetzung hat nun eine Gruppe Gelsenkirchener, die sich „Lovis und die Corinthen“ nennt, damit begonnen, Plakate und Flyer zu verteilen, in denen die Stadt als Geiselnehmer des Gemäldes bezeichnet wird.
Die Herrkules-Redaktion hat sich entschlossen, ein zugesandtes Anschreiben sowie einen Flyer zu veröffentlichen, ohne zunächst den Vorgang und die Sache selbst zu kommentieren. Wir wollen vielmehr dazu aufrufen, sich intensiv an der Diskussion zum Thema „Raubkunst“ bzw. „Restitution des Corinth-Gemäldes“ zu beteiligen.

Lovis und die Corinthen

c/o J. Leuchtentrager

Horster Straße 6

45897 Gelsenkirchen 6.8.15

WAZ

Lokalredaktion

Ahstr.

Gelsenkirchen

z.Hdn. Frau E. Höving

Rückgabe des Corinth-Gemäldes an die rechtmäßigen Erben – unverzüglich und ohne Bedingungen!

Sehr geehrte Frau Höving!

Die Tatsache, dass die Stadt Gelsenkirchen das Corinth-Gemälde „Bacchanale“ weiterhin den rechtmäßigen Erben vorenthält bzw. meint, die Rückgabe an Bedingungen knüpfen zu müssen, halten wir für ein Skandalon – und dies nicht nur angesichts der Familiengeschichte der vormaligen Eigentümer des Gemäldes, die hier durch das Verhalten der Stadt um ein trauriges Kapitel erweitert wird.

Natürlich kann man sich wünschen, dass das Gemälde weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich ist. Wünschen – mehr aber nicht! Wie mit dem Bild verfahren werden soll, liegt unserer Meinung nach ausschließlich in der Entscheidungsbefugnis der Erben.

Das Verhalten der Stadt kommt einer Geiselnahme mit Lösegeldforderung nahe (Forderung nach Beteiligung an einem etwaigen Veräußerungsgewinn). Weil wir das so sehen, werden wir ab Samstag diese Position in Form von Flyern und Plakaten verbreiten, einem Kunstwerk angemessen natürlich in künstlerisch-satirisch gestalteter Form.

Ein Belegexemplar fügen wir bei, das gerne abgebildet werden darf.

Mit freundlichem Gruß

i.A. Jochanaan Leuchtentrager

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Entführte Partygäste Flyer

Wie inspirierend, erhellend, unterhaltend war dieser Beitrag?

Klicke auf die "Daumen Hoch" um zu bewerten!

Durchschnittliche Bewertung 0 / 5. Anzahl Bewertungen: 0

Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.

Weil du diesen Beitrag inspirierend fandest...

Folge uns in sozialen Netzwerken!

Es tut uns leid, dass der Beitrag dich verärgert hat!

Was stimmt an Inhalt oder Form nicht?

Was sollten wir ergänzen, welche Sicht ist die bessere?

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
Meine Daten entsprechend der DSGVO speichern
2 Kommentare
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
Bernd Matzkowski

die waz meldet heutte online (jund morgen in der papierausgabe), dass die limbach-kommission empfohlen hat, den erben das corinth-gemälde gegen eine entschädigung von 65 000 euro zurückzugeben.
dazu habe ich folgenden leserbrief an die online-waz geschickt:

Mit ihrer Empfehlung folgt die Limbach-Kommission auch in der Höhe dem Vorschlag für eine Abfindung, den die Erben bereits am 21.8.2014 der Stadt Gelsenkirchen gemacht haben. Es bleibt zu hoffen, dass der Rat der Stadt nun ohne WENN und ABER der Empfehlung der Kommission folgt.
Sinnvoll könnte es auch sein, eine Kopie des Bildes im Museum aufzustellen, versehen mit den Daten zu seiner Geschichte, vor allem aber mit Hinweisen zum Schicksal der vormaligen Besitzer und ihrer Ermordung durch die Nazis.

0
0