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Bei Galileo Galilei  (1564- 1641/42) war das so: Was lange nur ein Gedankenmodell war und auf mathematischen Überlegungen beruhte, konnte nun „bewiesen“ werden – durch einen Blick durch das Fernrohr. Wer wollte, hätte also sehen können, was zu sehen war – etwa den Mond und seine „Berge“ und „Täler“. Was Kopernikus  vor ihm berechnet  hatte, konnte Galilei dank des Hilfsmittels nun sichtbar machen. Das alte Weltbild war eine Fehlannahme!

Die (katholische ) Kirche weigerte sich aber, den Blick durchs Fernrohr zu tun, also die Wirklichkeit zur Kenntnis zu nehmen. Ihr war das Festhalten an ihren Dogmen wichtiger, sah sie doch durch Galileis Erkenntnisse  ihre Macht in Gefahr. Es konnte nicht sein, was nicht sein durfte!

In Bezug auf Herrn Maaßen gibt es Gemeinsamkeiten und Unterschiede, was Galilei angeht. Hier war es so, dass die Kanzlerin, ihr Sprecher und große Teile der Presse und Medien incl. „Tagesschau“ und „heute“   auf der Grundlage eines etwa 20 Sekunden langen Videos „Hetzjagden“ gesehen haben wollten, wogegen Herr Maaßen nach Betrachten des Videos zu dem Ergebnis kam, dort seien keine Hetzjagden zu sehen.

Die erste Umkehrung:

Wie die Kirche bei Galilei sahen Regierung und große Teile der veröffentlichten Meinung  ihr Weltbild angegriffen und forderten Herrn Maaßen auf, seine These zu beweisen. Der stand nun vor dem Problem, etwas zu belegen, was nicht da war. Wie soll man nicht vorhandene Hetzjagden beweisen? Galilei konnte also beweisen, was da war, Maaßen sollte – umgekehrt – beweisen, was nicht da war! Das ist schon mal ein Unterschied zwischen dem Wissenschaftler Galilei und dem (ehemaligen oder für einige Zeit  Noch-) Präsidenten des Verfassungsschutzes. In beiden Fällen aber weigerten sich die Mächtigen, durch das Fernrohr bzw. in das Video zu blicken. Weil nicht sein konnte, was nicht sein durfte!

Die zweite Umkehrung:

Die Inquisition zeigte damals Galileo Galilei bei den Verhören die „Werkzeuge“ und brachte ihn so dazu, seine Erkenntnisse zu widerrufen (wer will ihm übel nehmen, dass er Angst vor der Folter hatte). Er kam mit dem Leben davon – und wurde unter Hausarrest gestellt, wobei er allerdings heimlich seine „Discorsi“ verfasste, also die ihm verbotenen wissenschaftlichen Auffassungen niederschrieb.

Es brauchte übrigens rund 400 Jahre, nämlich bis 1992, bis die (katholische) Kirche anerkannte, dass Galileis Auffassung richtig war.

Im Falle Maaßen bestand die zweite Umkehrung darin, dass er nicht wirklich widerrief, bei den Verhören lediglich etwas Sprachkosmetik betrieb, ansonsten aber der Folter der medialen und politischen Hetze standhielt und sagte, er würde an seiner Auffassung festhalten. Das brachte ihm nicht das Feuer des Scheiterhaufens ein, sondern eine Beförderung. Und nicht erst nach vierhundert Jahren, sondern nach ein paar Tagen und einigen Gesprächsrunden, woran man deutlich sehen kann, dass die Zeiten sich geändert haben.

Wobei man auch sagen könnte, was Galilei im Drama Brechts seinem Schüler Andrea mit auf den Weg gibt, als dieser die von Galilei heimlich verfassten „Discorsi“ nach Deutschland schmuggeln will.

„Gib acht auf dich, wenn du durch Deutschland kommst, die Wahrheit unter dem Rock.“(Bertolt Brecht, Leben des Galilei, 14.Bild)

 

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Von Bernd Matzkowski

geb. 1952, lebt in GE, nach seiner Pensionierung weiter in anderen Bereichen als Lehrer aktiv

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